Was Perfektionismus mit unseren Beziehungen macht

Dr. Meriam Axtmann • Nov. 25, 2022

Das Leben als Dream Factory



Perfektionismus ist ein Persönlichkeitsmerkmal, verknüpft mit hohen Maßstäben. Man ist sozusagen Leistung- und Ergebnisorientiert.

Das ist per se ok.

Dennoch pusht die neokapitalistische Gesellschaft dieses Persönlichkeitsmerkmal auf die Spitze, um es sich zu Nutze zu machen. Das kann auf Kosten Einzelner gehen, diejenigen, die sich selber unter Druck setzen und sich auf einer ewigen (Un)Glücksjagd begeben. Dem „American Dream“ zu Folge ist ja alles möglich. Theoretisch ja, praktisch „kommt es darauf an“. Es gibt keine Grenzen, bis wir auf sie stoßen.


Was ist, wenn dieses Ideal uns im Weg steht, um so zu sein wie wir wirklich sind und um in Beziehung zu sein, so wie wirklich sind… wenn wir nackt voreinander stehen ohne Abschluss, Status oder gar Geldbeutel am Leib zu tragen.



Der Drang zu Optimierung und Selbstoptimierung kann viele Formen haben und kann zu dysfunktionalen Ausprägungen führen, nicht zuletzt zu psychischen Störungen.


Viele Singles sind single, weil sie womöglich den perfekten Partner noch nicht gefunden haben. Abgesehen von all seinen Features (Aussehen, Status, Job, etc…) soll er auch noch all unsere Bedürfnisse erfüllen und uns sexuell optimal befriedigen. Anschließend kommt die perfekte Hollywood-Hochzeit natürlich mit einem Happy End und „von da an lebten sie glücklich bis ans Ende ihres Lebens“. Daraus folgt, unsere Beziehungen sollen perfekt sein und uns zum optimalen Glück führen.


So bleiben viele Singles single oder führen das prophezeite Scheitern Ihrer Beziehung herbei.


Die Freunde sollen ebenso perfekt sein. Sie haben einen optimierten Lebensstil. Sie sollen die richtigen Hobbys haben und den richtigen sozialen Aktivitäten nachgehen. Sie machen den perfekten Urlaub und haben das perfekte Haus, das perfekte Auto, die perfekte Wohngegend und vieles mehr. Diese Freunde sollen ebenso all unsere Bedürfnisse erfüllen. Denn wir sind perfekt und deswegen verdienen nur das Beste zu bekommen. Das setzt die Freundschaft unter hohem Erwartungsdruck. Manche Freundschaften können diesen Druck nicht tragen und zerbrechen. Freunde gehen auseinander, weil der eine doch nicht der perfekte Hobby-Freund, Seelsorge, Sparringspartner, der Party-Freund, Wingman und der Berater gleichzeitig sein kann.


Perfektionismus umfasst auch die Gesundheit zu pflegen, den Körper in Shape zu halten und den Mindset richtig einzustellen. Alles unter Kontrolle. Manchmal muss dann ein Schönheitschirurg zum perfekten Aussehen beitragen. Hier geht es um sehen und gesehen werden und um den sozialen Status, nach den selbstauferlegten Kriterien der westlichen Kultur. Der moderne Mensch setzt sich selbst unter hohem Druck. Er setzt seine freundschaftlichen, partnerschaftlichen oder romantischen Beziehungen auf die Probe.


Perfektionismus an sich ist ja per se nicht schlecht. Er war unter frühen Lebensumständen eine Überlebensstrategie, um Ohnmachtsgefühle zu vermeiden.

Wenn Zwischenerfolge gefeiert werden, kann Perfektionismus dienlich sein. Wenn nur darauf geschaut wird, was hätte besser gemacht werden können, dann leidet das Selbstwertgefühl darunter. Noch kritischer wird Perfektionismus, wenn es zu psychischen Dysfunktionen führt. Eine Beziehung mit zwei dysfunktionalen Partnern hat viel Konfliktpotenzial. Beiden Partnern fällt es schwer, sich ihre Fehler einzugestehen. Jeder kann dem anderen die Schuld geben. Sie machen sich Vorwürfe, statt über das zu reden, was sie wirklich beschäftigt und „worum es wirklich geht“. Womöglich ziehen sie sich dann zurück. Diese Dynamik hat meistens schlechte Auswirkungen auf die emotionale Nähe und Intimität.

Wenn diese Dynamik von Dauer ist, dann sollte das Paar professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist erwiesen, dass die systemische Paartherapie gute Ergebnisse erzielt. Der Prozess braucht etwas Zeit und Geduld, denn Veränderung, vor allem von Persönlichkeitseigenschaften geht nicht von heute auf morgen.

Druck bzw. Stress ist die häufigste Ursache von Störungen der sexuellen Funktionen und Reaktionen, wie  Erektionsstörungen, Orgasmusstörungen, Vaginismus, Ejaculatio praecox (vorzeitiger Samenerguss) etc... Hier macht eine Sexualtherapie Sinn. Sie kann unter anderem den Umgang mit den eigenen Ansprüchen verändern.



Wenn ihr Fragen diesbezüglich oder zu einer therapeutischen Begleitung habt, dann meldet euch bei mir. Ich werde mich freuen!


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